Entsprechend der EN81-80 Tabelle B2 Nr.47 müssen Treibscheiben, Seilrollen und Kettenräder mit einem Fingerschutz nach EN294 Tabelle 4 nachgerüstet werden.
Fachbericht von Georg Wallraff, erstmalig veröffentlicht im Lift-Report 1/2007
Die fachgerechte Umsetzung dieser Forderung stößt an die Grenze des Machbaren. So fordert die Tabelle 4 Sicherheitsabstände zu den Fingereinzugsstellen, die nur bei einer kompletten Einhausung der jeweiligen Rolle erreicht werden können.
Die anfänglichen Versuche verschiedener Aufzugfirmen diese Maßnahme mit massiven Hauben auszuführen, stieß bei vielen Sachverständigen auf erheblichen Widerstand, weil hierdurch die Seilrille nicht mehr einsehbar ist und die regelmäßige Treibfähigkeitsprüfung nur noch mit großem Aufwand durchgeführt werden kann.
Die Firma W+W hat sich ebenfalls intensiv mit diesem Thema beschäftigt und hierzu auch mit vielen Experten von Aufzugkonzernen, vom TÜV und von der DEKRA diskutiert und nach Systemlösungen gesucht. Neben dem Bestreben bei der Fingerschutzkonstruktion die EN 294, Tabelle 4 in die Praxis umzusetzen, sollten deshalb folgende Normauszüge ebenfalls berücksichtigt werden:
EN294 0 Einleitung 3.Satz: „Mittel und Maßnahmen, Sicherheit zu erreichen haben die Ausgewogenheit zwischen:
- dem Nutzen des verminderten Risikos und
- dem Verlust anderer Vorteile, um dies zu erreichen zu berücksichtigen. Diese Ausgewogenheit sollte ein angemessenes Sicherheitsniveau für das einzelne Risiko vorsehen.
GPSG § 5 Besondere Pflichten für das Inverkehrbringen von Verbraucherprodukten (1) Der Hersteller.....
„1. beim Inverkehrbringen a.) sicherzustellen, dass der Verwender die erforderlichen Informationen erhält, damit dieser die Gefahren, die von dem Verbraucherprodukt während der üblichen und vernünftigerweise vorhersehbaren Gebrauchsdauer ausgehen und die ohne entsprechende Hinweise nicht unmittelbar erkennbar sind, beurteilen und sich dagegen schützen kann (z.B. Warnschild).
Stand der Technik
Mittlerweile haben sich zwei Schutzvarianten im Markt etabliert, zum einen die Teilverkleidung mit einem Aluminiumkäfig, zum zweiten die beschränkte Abdeckung der beiden Seil-Einlaufstellen.
Fingerschutz statt Fingerfalle
Bei der Herstellung dieser beiden Schutzvarianten sollte das herstellende Unternehmen folgende Gefahren berücksichtigen: a) die Einzugstellen sollten sicher abgedeckt werden, damit ein versehentliches Hineingreifen von unten nicht möglich ist. W&W gibt als hausinterne Norm in seinen Käfiganleitungen einen Abstand von 20cm an.
b) Scherkanten sollten möglichst vermieden werden. Bei der Verwendung von Fingerschutzeinrichtungen empfiehlt es sich Abdeckungen mit bogenförmigen Wangen einzusetzen, damit keine neue Scherkante an den Versteifungsrippen der Treibscheibe entsteht.
Auch empfiehlt es sich die Abdeckungen in der Warnfarbe Signalorange auszuführen, da auch im oberen, äußeren Plattenbereich, je nach Seildurchmesser und Seilabstand Fingerquetschstellen möglich sind.
Bei Abdeckungen mit Aluminiumkäfigen sollte ein ausreichender Abstand des Käfigs zur Treibscheibe eingehalten werden, um scharfe Scherstellen zu vermeiden. W&W gibt hier einen Mindestabstand von 15mm an.
c) sonstige Scherstellen, beispielsweise zwischen dem Handrad und dem Aluminiumkäfig sollten ebenfalls unbedingt vermieden werden. Aus diesem Grund hat W&W ein Abdecksystem mit 132 verschiedenen, halbrunden Käfigvarianten entwickelt.
d) an jeder Treibscheibe, Seilrolle und Kettenradabdeckung sollte unbedingt ein Warnschild entsprechend DIN 4844-1 angebracht werden, um die eingewiesenen Personen über das Restrisiko zu informieren. Statt mehrsprachiger Warnhinweise empfiehlt sich die Verwendung eines Piktogramms.
e) der Monteur sollte eine detaillierte Anleitung mit Sicherheitshinweisen erhalten, um die Einrichtungen fachgerecht montieren zu können.
Auswahl der richtigen Sicherheitseinrichtung als Schutz vor Personenschäden und Haftungsansprüchen
Trotz aller Sicherungsmaßnahmen ist es möglich, dass bei Fehlverhalten oder unsachgemäßer Montage Unfälle an Rollen mit Fingerschutzeinrichtungen passieren können.
Auch wird bei Personenschäden von den Versicherungen immer gerne ein Schuldiger gesucht. Bei der Konstruktion, der Auswahl der Schutzeinrichtung oder bei der Vergabe an eine örtliche Schlosserei sollte dieses von der zuständigen Aufzugsfirma berücksichtigt werden.